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  • tizianwagner

Western Australia - Das letzte Kapitel unserer Reise

Spätabends landeten wir in Perth, im Südwesten Australiens. Perth ist die Hauptstadt des größten Bundesstaates von Australien: Western Australia. Der Bundesstaat nimmt über ein Drittel der gesamten Fläche des Kontinents ein und ist im Vergleich zur Ostküste eher spärlich besiedelt. Dennoch war unsere Ankunft dort etwas besonderes, denn mit den verbliebenen vier Wochen in Australien begann auch unser letztes Kapitel der gesamten Reise. Wir hatten uns deshalb noch einmal viel vorgenommen, um unserem Abenteuer einen gebührenden Abschluss zu verleihen.

Der Westen Australiens lebt vor allem vom Bergbau und der Öl-Industrie, weshalb man vermuten könnte, dass Perth weniger sehenswert und eher schmuddelig oder dreckig ist. Das Gegenteil ist der Fall. Man findet hier eine einladende, moderne Stadt, am wunderschönen Indischen Ozean gelegen. In Sachen Lebensqualität kann Perth mit Städten wie Melbourne und Sydney mithalten, glaubt man den entsprechenden Studien und Umfragen.

Wir waren auf jeden Fall begeistert. Der Winter stand vor der Tür, was in Perth milde 20 - 24 Grad Celsius bedeutet. Zu Fuß erkundeten wir die Innenstadt, schlenderten über die Einkaufsmeile, durch den riesigen Kings Park bis zum Elizabeths Quay, dem malerischen Hafenbecken. Der Hafen liegt nicht direkt am Indischen Ozean, sondern am Swan River, der dann nach wenigen Kilometern ins Meer fließt. Während unseres Spaziergangs konnten wir aber verschiedene Meeresbewohner wie Quallen, Fische und sogar eine Gruppe Delfine beobachten, die sich bis zum Hafen in den Fluss gewagt hatten.

Als Tagesausflug von Perth bietet sich ein Besuch auf Rottnest Island an. Das kleine Eiland liegt 18 Kilometer vor der Küste und lädt Besucher ein, die verschiedenen Buchten mit dem Fahrrad oder einem Shuttlebus zu erkunden. Autos gibt es keine. Wir entschieden uns für die Drahtesel und radelten damit einmal über die ganze Insel. Ein besonderer Bewohner von Rottnest Island ist der eigentliche Star und nicht zuletzt verantwortlich für die hohen Besucherzahlen: das Quokka. Quokkas sind Kleinkängurus von der Größe eines Kaninchens, die dort geschützt und in Ruhe leben, da es keine Räuber wie Füchse oder Ratten gibt. Quokkas sind zudem unheimlich neugierig und fotogen. Erwischt man sie im richtigen Winkel, wirkt die Form ihrer Mundwinkel wie ein verträumtes Lächeln, weshalb ein Selfie mit einem Quokka zum Internet-Trend geworden ist. Auch wir haben es uns nicht nehmen lassen, die niedlichen Beuteltiere aus der Nähe zu fotografieren.

Um Western Australia besser bereisen zu können, entschieden wir uns erneut dafür, einen Camper zu mieten. Dieses Mal war unser Gefährt etwas größer, was bedeutet, dass wir darin zumindest aufrecht stehen konnten, um beispielsweise zu kochen. Voller Tatendrang fuhren wir los in Richtung Norden. Die Landschaft um Perth war zuerst gar nicht wie wir sie erwartet hatten. Ein saftiger Grünton dominierte die flachen Ebenen bis zum Horizont. Das änderte sich aber nach und nach, umso weiter wir nach Norden kamen. Der erste Halt war der Kalbarri National Park, der zum einen aus steilen Klippen an der Küste und zum anderen aus einer Schlucht besteht, durch die der Murchison River fließt. Vor allem das zerfurchte Landesinnere, mit dem roten Sandboden und den tiefen Schluchten hat uns wahnsinnig beeindruckt. Das Bild, wie sich der Fluss in die Erde gegraben hat und sich durch die karge Landschaft schlängelt, erinnert einen an die Bundesstaaten Nevada oder Arizona in den USA.

Im Anschluss daran machten wir Halt an einem wahren Naturspektakel. Die Hutt Lagune ist ein großer, flacher Salzwassersee, was im ersten Moment nicht sonderlich aufregend klingt. Allerdings erhält der See durch eine hier beheimatete Algenart eine kaugummiartige, pinke Farbe. Die verschiedenen Farbtöne ließen sich besonders gut von oben mit der Drohne einfangen. Uns gelangen unfassbar schöne Aufnahmen, wo das Wasser auf grün bewachsene Wege, die durch die Lagune führen, trifft.

Für uns ging es danach weiter nach Monkey Mia auf die Péron-Halbinsel. Die Halbinsel beheimatet den François Péron Nationalpark und ist umgeben von der Stark Bay. Wie der Name verrät, leben hier verschiedene Hai Arten in den Gewässern und das hohe Vorkommen an Seegras lockt in den Sommermonaten unzählige Seekühe, sogenannte Dugongs, an. Wir waren aber wegen eines anderen Meeressäugers in den Ort Monkey Mia gekommen, der eigentlich nur aus einem Campingplatz und einem Besucherzentrum besteht. Jeden Vormittag kommen wilde Delfine hier bis an den Strand. Der Grund dafür liegt wohl zurück in der Mitte des 20. Jahrhunderts, als lokale Fischer die Delfine mit Fischabfällen fütterten. Heutzutage überwachen Ranger und Mitarbeiter der Umweltbehörde die Begegnung mit den faszinierenden Tieren.

In Monkey Mia begann dann aber eine mittelgroße Katastrophe für uns. Laura klagte schon einige Tage über Erkältungssymptome die immer heftiger wurden und am Abend vor unserer Weiterreise bewies uns ein Schnelltest die traurige Gewissheit: sie hatte Corona. Wir beschlossen zunächst, uns auf einem kleinen Campingplatz im nächstgrößeren Ort einzuquartieren um uns zu isolieren. Schon am nächsten Tag spürte auch ich erste Beschwerden wie Hals- und Kopfschmerzen. Nachdem Laura nach drei Tagen mit teils heftigen Symptomen wieder auf dem Weg der Besserung war, hatte es mich komplett erwischt und ich lag mit Fieber und Gliederschmerzen flach. Mehr als ein Jahr konnten wir der Infektion mit dem Virus entgehen und ausgerechnet hier in Australien, wo für uns das Thema eigentlich schon erledigt war, hatte es uns nun doch erwischt. Sechs Tage verloren wir insgesamt aufgrund des Virus, die wir in unserem Camper in einer Ecke des Campingplatz verbrachten. Uns war bewusst, dass wir für die übrigen Stationen unseres Roadtrips, Gas geben mussten.

Nachdem auch ich endlich wieder negativ war, ging es für uns weiter nach Coral Bay, einem kleinen Küstenort, der nur aus touristischen Zwecken existiert.

Vor der Küste liegt nämlich das Ningaloo Riff, das sich über 250 Kilometer erstreckt und zum Tauchen und Schnorcheln einlädt. Das Besondere am Ningaloo Riff ist die Nähe zum Festland. An vielen Stellen ist es keine 100 Meter weit vom Strand entfernt. Wir buchten eine Tagestour auf einem Boot, um mit einigen der Riffbewohnern enger in Kontakt treten zu können. Ein voller Erfolg. Neben den wunderschönen Korallen, gelang es uns, mit einem über drei Meter langen Tigerhai zu schnorcheln. Er zog durch das kristallklare Wasser auf der Suche nach seiner Lieblingsbeute: Meeresschildkröten. Zudem stießen wir auf mehrere gigantische Mantarochen, die eine Spannweite weit über vier Meter erreichen können. In kleine Gruppen aufgeteilt, durften wir einige Minuten mit diesen Riesen im Wasser verbringen. Einer der Rochen kam Laura unglaublich nah. Er schwamm direkt auf sie zu und mit nur wenigen Zentimetern Abstand direkt unter ihr durch. Sie musste sich flach auf die Wasseroberfläche legen um nicht mit ihm zusammen zu stoßen. Auf dem Rückweg zum Hafen begegneten wir einer großen Schule Delfine, die man wunderbar im klaren Wasser beobachten konnte. Ein wahnsinnig schöner Tag, der uns die Strapazen der Corona Erkrankung wieder vergessen ließ.

Nach Coral Bay erreichten wir den nördlichsten Punkt unserer Route, das Städtchen Exmouth. Auch dieser Ort lebt hauptsächlich vom Tourismus des Ningaloo Riffs. Von hier aus kann man ähnliche Tagestouren unternehmen, bei denen man mit Walhaien ins Wasser kann. Da wir allerdings schon in Ecuador und auf den Philippinen das Vergnügen hatten, mit dem größten Fisch der Erde zu schwimmen, sparten wir uns das Geld. Wir konzentrierten uns darauf, die kleineren Lebewesen des Riffs besser kennen zu lernen. Dafür verbrachten wir eine Nacht im Cape Range National Park in der Nähe von Exmouth. Im Nationalpark gibt es entlang der Küste reihenweise Campingplätze am Strand. Das Riff ist hier so nahe, das man lediglich ins Wasser laufen muss und mit der Schnorchelausrüstung direkt abtauchen kann. Mit uns verbrachte Alistair die Nacht im Nationalpark. Wir hatten ihn zuvor an der Ostküste auf dem Ausflugsboot kennen gelernt, mit dem wir am Great Barrier Reef unterwegs waren. Er arbeitet dort als Meeresbiologe. Wie es der Zufall wollte, verbrachte er seinen Urlaub zeitgleich mit uns an der Westküste. Wir kamen also in den Genuss eines privaten Guides, der uns beim Schnorcheln allerlei über Korallen, Fische und andere Tiere erzählen konnte.

Um nicht dieselbe Strecke zurück nach Perth fahren zu müssen, machten wir einen kleinen Umweg in Richtung Landesinnere, zum Karijini National Park. Im National Park gibt es zahlreiche kleine Schluchten mit Wasserfällen und -becken. Die verschiedenfarbigen Schichten des Gesteins und das grüne Wasser machen diese Wasserfälle zu magischen Naturpools, in denen man normalerweise auch baden darf. Wegen eines aufziehenden Unwetters waren aber leider viele der Schluchten geschlossen. Schon jetzt war der lehmartige Boden sichtbar durchnässt. Nach nur einem Tag im National Park traten wir deshalb den Rückzug an. Wir wollten nicht riskieren irgendwo stecken zu bleiben, schließlich besaß unser Camper keinen Allrad Antrieb. Nach etwa sechs Stunden Fahrt in Richtung Süden erreichten wir „Walga Rock“, einen Granit Monolithen, der stark an den berühmten „Ayers Rock“ erinnert. Tatsächlich gilt Walga Rock als kleiner Bruder des bekannten Steins, der sich mitten im Nirgendwo im australischen Outback befindet und deshalb keinen Platz in unserer Australien Route hatte. Umso glücklicher waren wir, eine Kostprobe davon zu bekommen wie ein solcher Granitklotz aussieht. Das rote Gestein glühte förmlich in der Abendsonne als wir auf ihn kletterten. Von oben konnten wir in jeder Richtung bis zum Horizont nichts als rote Erde und karge Buschlandschaft sehen. Uns wurde die beeindruckende Größe Australiens ein weiteres Mal bewusst.

Am Walga Rock findet man die größte Ansammlung von Malereien der indigenen Bevölkerung im gesamten Westen Australiens, was beweist das auch er, wie der Ayers Rock, eine große Bedeutung für die Aboriginals hatte.

Um von Exmouth zurück nach Perth zu gelangen, legten wir in vier Tagen mehr als 2.000 Kilometer zurück. Gerne hätten wir das Ganze etwas gemütlicher gestaltet, aber zum Ende hin fehlten uns die Tage, die uns Corona geraubt hatte. Die letzte Nacht in Australien verbrachten wir bei Julia, meiner Großcousine die hier her ausgewandert ist. Zusammen mit ihrem Mann verbrachten wir einen wunderschönen und gemütlichen Abend mit Pizza und Lagerfeuer.

Die letzte Nacht nach 382 Tagen, 11 Ländern, 4 Kontinenten und über 100.000 Kilometern.

So richtig fassen können wir es noch gar nicht, dass diese Reise jetzt zu Ende sein soll. Gerade eben erst saßen wir noch aufgeregt auf unseren gepackten Rucksäcken und verbrachten die letzte Nacht in unserer leeren Wohnung auf den Matratzen auf dem Boden.

Wir sind unfassbar dankbar für die vielen tollen Erlebnisse und Erfahrungen die wir sammeln konnten, die unglaubliche Natur der wir begegnet sind, die Menschen und Kulturen die wir kennen lernen durften, den Rückhalt den wir von unseren Liebsten von zu Hause erhalten haben und besonders für ein wunderbares Zuhause auf das wir uns jetzt freuen.

Wenn ihr unseren letzten Blog-Beitrag lest, sitzen wir schon im Flieger auf dem Weg nach Deutschland. Wir hoffen wir konnten euch auf dem Blog teilhaben lassen an unserer unvergesslichen Reise und freuen uns über jeden Einzelnen, der uns hier verfolgt hat.




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